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Mittwoch, 15. Februar 2012

Viren, Cêpes und die große Kälte

 Wie schnell die Zeit schon wieder vergeht! Ich werde euch mal auf den neuesten provenzalischen Stand bringen, was bei mir so los ist zurzeit. Viel ist es allerdings nicht, aber das muss es ja auch nicht. 

Der angekündigte Schnee und die Kälte kamen tatsächlich. Angesichts der drei Flocken die gefallen sind, dachten sich viele  Eltern, dass das ein guter Grund sei, ihre Kinder zu Hause zu lassen. Umso besser für uns, denn weniger Kinder = weniger Arbeit. Liegen geblieben ist außer in den etwas höher gelegenen Dörfern allerdings gar nichts, am Mittag wandelte sich der Schnee in Regen, am Nachmittag schien wieder die Sonne. Aufregend, der Winter hier! Aber die letzten 10 Tage waren dann doch noch ziemlich winterlich, die Temperaturen zumindest. Nachts hatten wir öfters sogar -15°C, zusammen mit dem eisigen Mistral ist das wirklich nicht gerade angenehm. Die Erfahrung haben wir vorletzten Freitag gemacht, als wir wieder mit den Freiwilligen aus Avignon zum tanzen weg waren. Nur in Strumpfhose und kurzem Kleid war der eigentlich kurze Weg vom Auto zur Disko viel zu lang und vor allem viel zu kalt. In der Nacht bin ich gefahren, und die 100km/h die der Mistral laut Wetterbericht hatte hat man ganz schön gespürt. Die alten provenzalischen Häuser sind anscheinend nicht für solche Temperaturen gemacht, denn bei uns waren 4 Tage hintereinander morgens die Wasserleitungen zugefroren. Heißt auf Klo, Dusche, Tee und Zähneputzen musste erstmal verzichtet werden. Auch eine Erfahrung wert: der Wasserhahn ist aufgedreht und es kommt einfach nichts raus, kannte ich so auch noch nicht. Mein Gastvater schnappte sich dann immer den Föhn, buddelte die Rohre draußen frei und ließ dann den Föhn für gute 2 Stunden laufen. Ergebnis: zur Mittagszeit hatten wir wieder fließend Wasser, Glück gehabt! 
 Etwas weniger Glück hatten wir dafür mit der „Heizung“. In unserem Haus wird nur mit Holz geheizt, also mit einem Ofen, an dem dann alle Heizungen in den Zimmern angeschlossen sind. Mein Zimmer befindet sich ganz oben am Ende des Flures, heißt: Mein Zimmer ist das letzte was warm wird, und nachts, wenn das Feuer ausgeht ist es das erste was wieder kalt wird. Mir war immer kalt in meinem Zimmer, ich wollte am liebsten unten neben dem Feuer schlafen. Anscheinend war auch das Holz was wir dahatten nicht so gut, laut meinem Gastvater war es zu feucht und viel zu dick. Außerdem sind die Fenster damals nicht so gut eingesetzt und verarbeitet worden, es kann sein, dass es ab und zu mal zieht. Ich schlief also mit 3 Decken, dickem Wollpullover und 3 Paar Socken – und fror immer noch. Meine Gastmutter holte dann irgendwann mal ein Thermometer in mein Zimmer: 10°C zeigte es an. Mein Gastvater handelte sofort und stellte mir eine kleine Elektroheizung ins Zimmer, mit der ich dann mein Zimmer auf gefühlte 35°C heizte.  Im Kindergarten hörte ich von weiteren „Opfern“ der Kälte: Leas Gastfamilie hatte Heizungsausfall und war übergehend zu Freunden gezogen, bei einer Erzieherin gab es ebenfalls kein Wasser mehr und im Kindergarten war die Wäsche im Trockner zu einem großen Klumpen gefroren. 

Die Temperaturen in meinem Zimmer oder die Nacht in Strumpfhose draußen beim Mistral erklären vielleicht auch, warum ich malwieder krank war. Alles begann mit leichten Halsschmerzen eines Morgens. Okay, da kommt wohl eine Erkältung, ist ja nicht so dramatisch. Im Kindergarten kamen dann Ohrenschmerzen hinzu, und ich fühlte mich ziemlich warm an. Zum Glück war der Dienstag mein freier Nachmittag, ich fuhr also nach Hause und legte mich ein wenig hin. Nach vier Stunden Mittagsschlaf wachte ich auf, mir tat alles weh, besonders der Rücken und die Beine. Ich schleppte mich durchs Haus und machte meine Haushaltsaufgaben, bevor ich auf dem Sofa zusammen brach. Laure kam später nach Hause, schaute mich kurz an und schickte mich sofort zurück ins Bett. Ich hatte hohes Fieber, tierische Halsschmerzen und Gliederschmerzen. Sie brachte mir einen Tee mit ihren Wundertropfen und einer Aspirin hoch und meinte ich solle schlafen. Allerdings tat mein Rücken so sehr weh, dass ich weder liegen noch stehen konnte. Einziger Ausweg: heiße Badewanne. Danach ging es mir tatsächlich ein wenig besser – zumindest waren die Rückenschmerzen etwas gelindert. Der Mittwoch war kein schöner Tag, ich schlief ein wenig, hatte aber immer ein schlechtes Gewissen meiner Gastfamilie gegenüber. Paul war nämlich bei seiner Tochter, und somit war ich alleine mit Laure und Jeanne. Ich hätte mich vermutlich mehr ausruhen sollen, aber ich half stattdessen im Haushalt und kümmerte mich um Jeanne. Am Mittwochabend hatte ich dann solche Halsschmerzen, dass es selbst beim Atmen schmerzte. Es halfen nicht einmal Mama und Omas Hausrezepte! (Salzwasser gurgeln, heiße Zitrone, warme Milch mit Honig – nichts!) Die Nacht war auf nicht gerade angenehm, bei Schluckbeschwerden muss man ja bekanntlich erst recht oft schlucken. Ich hatte aber am nächsten Morgen angesichts meiner nicht vorhandene Stimme einen Entschluss gefasst: ich muss zum Arzt! Ich reif also im Kindergarten an, dass ich später kommen würde (oder gar nicht, je nachdem was der Arzt sagt) und ich fuhr in den Ort. Bei der Apotheke fragte ich nach, welcher Arzt gerade offen hatte, und die Apothekerin erklärte mir freundlich den Weg. Als ich dann zurück zu Hilde ging, sah ich zwei Polizisten, die sich unsere Autonummer aufschrieben. War ja klar, dass irgendwas passieren musste. 

„Wir haben auf Sie gewartet!“, sagte der eine.
Ich: „Wieso?“
Beide guckten sich an und lachten. Danach redeten sie sehr schnell und erklärten mir irgendwas, was ich nicht verstand. Der eine füllte dann einen Zettel aus, ich nahm an es war ein Strafzettel. Ich verstand rein gar nichts, ich hatte schon öfters dort geparkt, und bisher war nie was passiert.
„Haben Sie überhaupt einen Führerschein?“, lachte der andere dann, weil ich anscheinend ziemlich blöd drein guckte.
„Klar. Aber ich bin deutsche, können Sie mir das Problem nochmal langsamer erklären?“

Auf einmal waren beide total nett und freundlich, und erklärten mir, dass ich in der „Blauen Zone“ geparkt hatte. Dier erkennt man daran, dass die Bodenmarkierungen blau sind. Hier muss man immer die Parkuhr raus legen, und man darf maximal 1 1/2h parken. Alles klar, wieder was gelernt. Ich bedankte mich freundlich, und fuhr weg. Einen Strafzettel hatte ich dann doch nicht bekommen, immerhin.

Beim Arzt machte ich diesmal alles richtig, ich ging ins Wartezimmer und wartete. Außer mir waren noch 2 ältere Damen da, die sich über irgendwas aufregten. Dann kamen sie irgendwie auf das Thema Haare, meine Haare. Die seien ja so lang und vor allem so hell blond. „Wie machen Sie das?“ Ähm, ja. Genau das konnte ich jetzt gebrauchen. Mit Fieber, angeschwollenen Mandeln und Ohrenschmerzen wollte ich mich natürlich gerne über meine Haarpflege unterhalten. Glücklicherweise war ich bald an der Reihe, Iris, eine Rumänin, untersuchte mich. Iris war eine total mütterliche Ärztin, als sie sich meinen Hals und die Ohren anguckte sagte sie nur immer wieder: „Ach du armes Kindchen, alles entzündet. Und Fieber hast du auch noch! Hustest du auch? Ach nee, meine Arme. Da werde ich dir mal was Feines verschreiben, damit du schnell wieder gesund wirst. Und wenn es nicht besser wird, rufst du mich an, hier ist auch meine Haustelefonnummer, da kannst du auch anrufen, wenn was ist!“ Sie verschrieb mir dann 7 Medikamente, die ich mir in der Apotheke abholte (diesmal legte ich die Parkuhr raus!). 50€ leichter fuhr ich noch schnell zum Kindergarten um mein Attest abzugeben – Mandelentzündung - und dann ging es ab nach Hause. Dort wartete ein kranker Paul, der ebenfalls Fieber hatte und rumschniefte.  

Der Anblick meiner Zimmerwand wurde irgednwann dann doch langweilig...
 
Ich nahm also immer brav 3x am Tag meine 3 Antibiotika, meinen Sirup für den Husten, meine Ohrentropfen und mein Nasenspray und trank dazu ganz viel Tee. Samstag hatte ich dann die Nase voll vom zu Hause rumsitzen und krank sein, sodass ich mich selbst als gesund genug erklärte, um was mit Lea und Jana zu unternehmen. Laure war da anderer Meinung und ließ mich nur dick eingepackt gehen, sie lieh mir sogar ihre dicke Daunenjacke gegen den Mistral, mit der ich aussah wie ein Eskimo. Wir fuhren nach Avignon, wo es uns aber zu windig war (wir sollten langsam mal anfangen auf unsere Gastfamilien zu hören…). Wir überlegten kurz was wir machen konnten ohne dass wir erfrieren – und fuhren zu Ikea. Da aßen wir wieder als erstes, gingen danach ein bisschen rum und kauften so dies und das – wie das eben bei Ikea so ist. Bei Auchan, einem großen Einkaufscentrum, fanden wir noch Läden mit Winterschlussverkauf, der jetzt teilweise in die zweite Runde geht: alle bisher noch nicht verkauften Teile werden nochmal runter gesetzt. Frankreich gefällt mir! 

Ich wollte kurz von dem längsten Abendessen meines Lebens berichten. Also, am Freitag Abend waren Freunde von Paul und Laure zum Essen eingeladen gewesen, Laure hat schön gekocht und alles vorbereitet. Um 20:15 sollte der Besuch eigentlich da sein, ich begab mich um 20:30 nach unten (ich kenne die französische Pünktlichkeit inzwischen ja ) und um 21 Uhr waren sie dann tatsächlich da: Silvie und Frank  aus Paris. Küsschen hier, Küsschen da, schön euch zu sehen, hallo ich heiße Carolin, ja mir geht es gut und dir? Wir setzten uns nach oben in den Salon auf die Sofas neben dem Ofen, und es gab den Aperitif: Chips, Oliven, Wurst und Nüsse, dazu Weißwein (für mich gab es Apfelsaft wegen der Antibiotika.) Um kurz vor 10 gab es dann den ersten Gang: heiße Gemüsesuppe. Um halb 11 kam dann die Hauptspeise, Chili con Carne ohne Carne, da die Freunde Vegetarier waren. Wir aßen alles gemütlich oben an dem kleinen Sofatisch aus kleinen Schüsseln, die Atmosphäre war total schön mit dem Feuer. Ich war satt, ich war müde – und vor allem war ich krank. Wenn ich was sagen wollte kam kaum mehr als ein Quietschen raus, ich schniefte und hatte auch wieder etwas Fieber, und das Abendessen wollte einfach nicht enden. Auf den Hauptgang folgte der Käsegang: 5 Sorten Käse mit Baguette und grünem Salat. Um Mitternacht gab es dann endlich den Nachtisch, Mousse au chocolat, Orangensalat und Kuchen. Ich glaube in meinem Bett war ich dann irgendwann um 1 Uhr morgens, Laure und ich machten noch schnell den Abwasch und räumten auf. Das nenne ich mal ein Abendessen! Nix mit ein bisschen Schwarzbrot und Mettwurst! Nene, da wird 4 Stunden lang gegessen, gelacht, Rotwein getrunken und viel, ganz viel erzählt. (Übrigens: immer wenn ich erzähle, dass ich aus der Nähe von Hamburg komme kommt der Satz: oh, dann wohnst du ja am Meer!)

Hier hat die Crêpe-Saison begonnen. Die beginnt im Februar, wenn alle den Königskuchen nicht mehr sehen können. Im Kindergarten gab es das Crêpefest, wo wir mit den Kindern zusammen Crêpes gemacht und danach gegessen haben. Das war ein toller Tag! Und auch zu Hause wurden schon einige Crêpes verdrückt. Laure hat ein Crêpegerät, wo man 6 kleine Crêpes gleichzeitig mit machen kann. Das ist total witzig, ein wenig wie Raclette, nur mit Crêpes. Jeder hat da seine kleine Platte, ein wenig Teig und macht sich dann einen nach dem anderen. Dabei sind die nicht nur süß: es gab neben Nutella, Marmelade, Sirup und Zucker nämlich auch Schinken, Käse und Fisch als Belag. Hmmm, das war lecker!

Ihr seht, wirklich viel los ist bei uns zurzeit nicht, es ist Alltag – aber das tut ja auch mal ganz gut. Am Wochenende fahren wir nach Nizza zum Karneval, das wird bestimmt super.  

Liebe sonnige Grüße,
Carolin