Wann komme ich zurück?
Letzten Freitag haben einige Mütter und Väter des
Kindergartens eine kleine Abschiedsfeier organisiert, abends haben sie im
Kindergarten ein Buffet aufgebaut, mit Melonen aus dem eigenen Garten,
Zucchinitarte, Oliven, Aprikosenkuchen, Käse mit Baguette und der gute Roséwein
durfte auch nicht fehlen. Alle zusammen sangen wir einen schönen französischen
Klassiker von Georges Brassen: „Les copains d’abord“, also „die Freunde
zuerst“. Dann gab es sogar kleine Geschenktüten für uns drei und die
Erzieherinnen, jeder bekam eine Kette mit einem Heilstein, ich bekam
Rosenquarz. Bei der Bedankungsrunde kamen mir dann doch die Tränen hoch, und
einmal angefangen, hörte es gar nicht mehr auf. Meine kleinen Elfis backten mir
dann einen Kuchen aus Sand zum Trösten, was alles nur verschlimmerte. Doch auch
einige Mütter hatten feuchte Augen, ein Abschied fällt nie leicht. Auch wenn
mich so vieles im Kindergarten gestört und genervt hat, auch wenn die Arbeit
wirklich anstrengend war und wir oft unmotiviert waren – hatten wir doch eine
tolle Zeit, wir haben die Kinder großwerden sehen, mein kleinster Elfi kann
nicht viele Wörter sagen, aber zu Mama, Papa und Essen ist jetzt Carolin
hinzugekommen. Die kleinen haben sich alle ein kleines Plätzchen in meinem
Herzen genommen, und nun steh ich da vor ihnen weinend und sie versuchen mich
zu trösten, obwohl das doch normalerweise anders herum ist!
Die Abschiedsfeierei ging am Montagabend gleich weiter,
diesmal gab es zu dem Roséwein Pizza für alle und Geschenke von unseren
Kindergärtnerinnen, das Buch „Le Petit Prince“ und von meiner Kollegin noch ein
persönliches Geschenk. Sie hatten für uns ein Lied gedichtet, was sie uns in
der Abendsonne vorsangen:
„Es lebe Lea, es lebe Jana und es lebe Carolin, sie sind
gekommen aus der Kälte und dem Regen, doch ihr Herz war voll Sonne, die sie den
Kindern gaben.“
Für jeden von uns gab es dann noch eine extra Strophe, sogar
unsere Hilde war eine gewidmet: „Das Ende der Woche naht, das Auto wird uns
tragen, von Spanien bis in die Bretagne und durch die ganze Provence.“
Und wieder war ich zu Tränen gerührt, ich frage mich wie der
richtige Abschied sein wird, alle in die Boote!!
Avignon im neuen Look |
Plakate aufhängen mit Paul |
Eine kleine Flyersammlung |
Das Programm. |
Es ging zurück zum Place Pie, wo eine
Truppe von Matrosen à la Schantychor sangen, im Hintergrund hörte man
Möwengekreische aus der Musikbox. Heimatsgefühle! Wir beschlossen, dem ganzen
noch einmal eine Chance zu geben und machten uns auf zu einem Theater, wo wir
einen Tanz sehen wollten. Zwei Tänzer tanzten sehr modern, sehr abstrakte
Bewegungen, ähnlich wie das Stück was ich mit Jannik gesehen hatte. Es regte
zum Nachdenken an, jeder suchte den Sinn und hat einen eigenen gegeben, wie
sich in der Diskussion danach herausstellte. Und dann hatten wir schon wieder
Hunger, natürlich. In einem kleinen Bistro gab es Pasta zum mitnehmen, einmal
Spaghetti mit Pesto bitte! Da es bereits dämmerte, machten wir uns auf den Weg
zum Papstpalast, denn es war ein großes Feuerwerk und eine Lichtshow angekündigt.
Wir ergatterten einen Platz oben auf den Mauern des Palastes, Jannik und ein
Freund von ihm soßten zu uns, und zusammen bestaunten wir das große Feuerwerk.
Es war nämlich der 14.Juli, Tag der französischen Republik, in ganz Frankreich
war große Fete. Danach wurde mit großen Projektoren auf den Mauern des
Papstpalastes die Geschichte des Theaters in Avignon erzählt, mit
Videoausschnitten, Animationen und Musik. Doch irgendwann wurde es uns zu
langweilig, wir wollten lieber durch die Straßen schlendern. In einer Ecke war
ein „Vive les Rolling Stones“ Konzert, wo wir etwas feiern gingen. Um 3 Uhr
fuhren wir dann schließlich nach Hause, alle drei zusammen schliefen wir bei
Jana.

Der Hunger trieb uns dann zurück nach
Carpentras, wo wir in einem schönen Café ein Sandwich aßen und Pfirsichsaft
tranken. Danach wollten wir eigentlich mit den alten Männern Boule spielen
gehen, um den Tag wirklich klischeehaft abzuschließen, doch leider waren sie
schon weggegangen, es war Zeit der Sieste. Da uns nichts mehr einfiel, was wir
machen können, trennten wir uns, Lea ging zu Fuß nach Hause und Jana brachte
mich noch schnell zu meinem Wohnwagen, wo ich dann auch eine Sieste machte
während die Grillen um die Wette zirpten.
Was für ein Tag à la provençale!
Und jetzt muss ich von einem kleinen Unfall berichten, ich
bin nämlich vorgestern einen Wasserfall runter gerutscht und sitze jetzt mit
einem unbeweglichen, gestauchten und bandagierten Fuß in meinem Wohnwagen und
kann nicht zur Arbeit.
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Die Unfallstelle! |
Ich war am Mittwoch nämlich mit Jana und ihrer Gastmutter
Hélène in Bagnols-sur-Cèze, wo ein bisschen außerhalb die Cascade du Sautedet
ist. Der Fluss Cèze fällt an der Stelle nämlich stark ab und windet sich durch
Schluchten, Wasserfällen, Terassen und kleinen Kanälen nach unten. Bei 37°C und
praller Sonne zogen wir rasch die Badesachen an und ließen uns ins kühle Nass, direkt
neben unseren Sachen verlief ein Wasserfall der mehrere Terrassen bildete, und
so setzten wir uns in eine uns ließen uns von der recht starken Strömung den
Rücken massieren. Irgendwann merkte ich, wie die Strömung mich ein bisschen
nach vorne trieb, nicht so schlimm, dann halte ich eben in der nächsten
Terrasse an. Tja, dann war‘s auch schon geschehen. Die Strömung war so stark,
dass ich nicht anhalten konnte, die Felsen drum herum waren so glitschig, dass
ich mich nicht festhalten konnte. Ich hörte noch ein lautes „Neeeeeiiiiin!“ von
Jana, und dann ging die Talfahrt los. Natürliche Wasserrutsche vom feinsten!
Etwa 10m ging es um Kurven, durch Stromschnellen und vor allem von Fels zu
Fels. Ich hatte ja keine Ahnung wie der Wasserfall verlaufen wird, vielleicht
knalle ich am Ende gegen eine Felswand? Oder ich knalle mit meinem Kopf gegen
einen Felsen und werde bewusstlos? Ich rutschte an mehreren Leuten vorbei, die
alle recht alarmiert dreinblickten. Schließlich kam der letzte große Fall in
den Fluss unten – leider war er nicht tief genug, und ich fiel mit viel Schwung
auf eine Steinplatte und fing mich mit dem rechte Fuß ab. Es tat kurz weh, doch
war ich anscheinend so froh dass nichts Schlimmeres war, dass ich kaum Schmerzen
verspürte. Ich winkte kurz nach oben wo Hélène, Jana und irgendwie auch ganz
viele andere Leute erschrocken standen, dann musste ich ein gutes Stück
schwimmen um aus dem Wasser klettern zu können. Und als ich dann zurück an
unserem Platz angekommen war, bemerkte ich, dass nicht nur mein Knie blutete,
sondern auch mein Fuß ziemlich weh tat. Das wurde mit der Zeit immer schlimmer,
bis ich ihn schließlich gar nicht mehr wegen konnte. Wir blieben also sitzen,
ich hing meinen Fuß ins Wasser und wir picknickten. Am Abend war der Schmerz
noch schlimmer geworden, und Jana und Hélène überredeten mich, ins Krankenhaus
zu fahren. Dort wurde ich in einen Rollstuhl gesetzt, von A nach B geschoben, 5
verschieden Ärzte tasteten ein bisschen an meinem Fuß rum, dann wurde er geröntgt
und schließlich kam eine andere Ärztin und meinte: „Ihr Fuß ist nicht gebrochen,
alles gut, eventuell ein bisschen verstaucht. Sie können gehen.“ „Ähm, ich kann
aber nicht „gehen“. Wie soll ich mich denn fortbewegen?“ „Achso, sie können gar
nicht auftreten? Na gut, dann verschreibe ich ihnen mal Paracetamol für die
schmerzen, dann sollte das gehen.“ „Und haben sie vielleicht Krücken? Oder eine
Bandage? Irgendwas?“ „Hm. Ich kann Ihnen natürlich auch noch Krücken
verschreiben, wenn sie wollen.“ „Ja, das wäre nett.“ „Okay, das hätten wir, schönen
Abend also!“
Ende meines Krankenhausaufenthaltes.
Zu Hause bei Jana machte mir Hélène einen Lehmumschlag, ihr
Ehemann Jean gab mir heißen Lavendelsirup zum trinken, das soll wohl gegen den
Schock helfen. Da ich ja auch kein Auto fahren konnte, fuhr Jana mich nach
Hause und schlief mit mir in meinem Wohnwagen. Das Wochenende war ich
eigentlich fürs Jeanne-Aufpassen eingespannt, aber mit Krücken und dickem Fuß
ist das irgendwie nicht so toll. Also engagierten Paul und Laure Jana, und so
passten wir zusammen am Freitagabend auf meine kleine auf. Jeanne war auch ganz
lieb, sie heilte meinen Fuß mit einer selbstgemischten Gras-Blatt-Wasser-Ast-Suppe.
So hatten Jana und ich auch noch einen netten Abend, während Jeanne in meinem Wohnwagen
schnarchte saßen wir noch lange draußen, aßen Kekse und schnackten ausgiebig. Im Kindergarten sind alle ganz besorgt um mich, Jana sollte mir liebe Grüße und Umarmungen ausrichten, ich soll bloß nicht den Fuß bewegen und schnell gesund werden.
Montag beginnt dann endgültig die letze Arbeitswoche – komisches
Gefühl.
Also, ich schicke ein bisschen Sonne in den Norden, wir
können ein bisschen Regen gebrauchen, aber nicht so viel bitte.
Allerliebste Grüße,
Carolin