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Sonntag, 29. Januar 2012

Die Ruhe vor dem Sturm


Da bin ich wieder, es ist Sonntagnachmittag und bewölkt – beste Voraussetzungen um einen neuen Blogeintrag zu schreiben.

Also, wie bereits berichtet, waren unsere Portemonnaies nach der Shoppingtour ziemlich leer, und so haben wir die letzten zwei Wochenenden nichts Großes unternommen, bzw. unternehmen können. Wir haben beschlossen, ein wenig die Region zu erkunden und nur kleinere Ausflüge zu machen. Tatsächlich ist uns aufgefallen, dass wir bisher wirklich kaum etwas bei uns in der Nähe angeschaut haben, all die schönen kleinen Dörfer haben wir bisher total vernachlässigt! Das wurde jetzt aufgeholt. 
Unsere Gastfamilien gaben uns dabei ganz tolle Tipps, welche Dörfer besonders schön seien und was sich eher nicht lohnt. Letzten Samstag sind wir dann nach Fontaine de Vaucluse gefahren, ein kleines Dorf, das aussieht, als wäre es einem Märchen entsprungen. Am Ufer des kleinen Flusses reihte sich ein kleines Café neben dem nächsten, und wenn man weiter den kleinen Weg bergauf ging, kam man zu einer kleinen Grotte, die aussah als sei da der Schatz der Piraten versteckt. (Der Legende nach bewacht eine Nymphe die sieben Diamanten des Dorfes). Wir schlenderten also ein wenig am Fluss entlang, aßen Crêpes, setzten uns in den Schatten der großen Platanen und genossen die Ruhe. Im Sommer sollen die ganzen kleinen Dörfer immer total mit Touristen überfüllt sein, doch im Winter ist es schön ruhig. 
Typisch französisch
(Eine Truppe Japaner mit ihren großen Kameras trafen wir trotzdem…) 
 Weiter fuhren wir nach Isle sur la Sorgue, ein weiteres kleines, schnuckeliges Dörfchen an dem selben Fluss. Dort bummelten wir durch die Gassen und setzten uns dann schließlich in ein kleines Café, wo wir heiße Schokolade und eine Käseplatte mit Baguette bestellten. Bei unserem Kaffeeklatsch hatten wir gar nicht gemerkt, wie die Zeit verging – plötzlich war es dunkel draußen. Also bezahlten wir und machten uns auf den Heimweg. 
Und dann waren wir am Samstagabend tatsächlich das erste Mal feiern! So lange war unser Nachtleben auf der Strecke geblieben, doch an dem Abend sollte es tatsächlich so weit sein! Mit den Mädchen aus Sorgue trafen wir uns um halb 11 in Avignon, wo wir uns gemütlich in einer Wohnung zusammensetzten und Obstlikör aus Marmeladengläsern tranken
Wenn es keine Trinkgläser gibt...
(richtige Gläser gab es in der Wohnung anscheinend nicht…). Gegen 1 Uhr gingen wir dann zu Fuß in eine kleine Disko, in der wir dann ausgiebig tanzen konnten. Bei den ganzen französischen Liedern konnten wir zwar nicht mitsingen, aber als dann Nena mit „Willst du mit mir gehen“ lief, sangen wir umso lauter mit. Um halb 4 Uhr morgens verabschiedeten wir uns von den anderen, denn Jana hatte ziemliche Magenschmerzen (im Kindergarten geht wieder was rum), weswegen sie auch nichts getrunken hatte und uns so heil und sicher nach Hause fuhr. Um 5 Uhr lag ich dann in meinem warmen Bett – 4 Stunden später wurde ich von einem kleinen Mädchen geweckt. Jeanne hatte am Sonntagmorgen nämlich beschlossen, direkt vor meiner Tür zu spielen. Paul fragte mich dann, ob ich Lust auf einen kleinen Spaziergang mit Picknick in den Bergen hatte, und ich sagte etwas müde zu. Mit uns kamen noch Freunde der Familie, deren Tochter Louna auch bei uns im Kindergarten ist. Es wurde ein sehr schöner Tag, wir fuhren mit dem Auto ziemlich hoch in die Berge, und dann spazierten wir ein wenig. Leider war es etwas windig, doch für das Picknick fanden wir einen windgeschützten Platz. Dort konnten wir dann auch im T-Shirt sitzen und den kleinen Snack genießen. Es gab Baguette, Wurst, Schinken, Käse, Salat, Pizza, hartgekochte Eier, Obst – und natürlich Rotwein. Die Kinder spielten ausgiebig und tobten durch die Landschaft, der Hund war kaum gesehen, und ich machte es mir dann auf dem Laubboden gemütlich und machte eine kleine Siesta in der Sonne. Paul und Francois überlegten sich, dass die anderen ja einfach weiter laufen könnten während ich schlafe, und dann würde ich aufwachen und wäre ganz alleine. Sympathisch. Später spazierten wir dann noch ein wenig weiter, bis wir dann zurück nach Hause fuhren. Dort wurde bei Tee und Keksen noch nett geplaudert, und langsam ging auch der Tag zu Ende.
Unter der Woche hatte ich mir dann auch wieder irgendwas eingefangen, Dienstag und Mittwoch streikte meine Magengegend malwieder. Laures Supertropfen halfen aber ziemlich gut, sodass ich Donnerstag wieder fit war. 

Mittwoch, 18. Januar 2012

"Winterschlussverkauf" oder "Taschengeld, wo bist du?"

Wie versprochen, versuche ich mich jetzt öfter zu melden und Zeit zu finden, um euch an meinem  französischen Leben teilhaben zu lassen. Und siehe da, kaum eine Woche um, schon gibt es viel Neues zu berichten!

Die letzte Woche stand ganz im Zeichen des Winterschlussverkaufes, den "soldes". Seit dem 7. Januar ist in ganz Frankreich offizieller Winterschlussverkauf – in allen Läden die man finden kann. Da ich ja letzten Mittwoch frei hatte (Paul und Jeanne waren in den Bergen, Laure war eine Freundin besuchen gefahren) schnappte ich mir unsere Hilde und düste gleich nach dem Frühstück nach Carpentras, eigentlich nur um bei Leclerc einige Besorgungen zu erledigen. Wie ich ja bereits erzählt habe, sind um den riesen Supermarkt immer noch kleinere Läden herum, an denen man zwangsweise vorbei laufen und in die Schaufenster schauen muss. Als ich also beladen mit Zahnpasta, Haarshampoo und Handcreme auf dem Weg zum Ausgang war, erblickten meine Augen ein riesiges Plakat im Schaufenster eines Klamottenladens: „Winterschlussverkauf, bis zu 70% reduziert“. Da konnte ich natürlich nicht dran vorbei gehen, und so kam ich aus dem Laden wieder heraus, zu meinen Einkäufen hatte sich ein zu 50% reduziertes T-Shirt gesellt. Da ich nicht gleich wieder nach Hause fahren wollte, beschloss ich, noch kurz in die Innenstadt zu gehen, eine Kleinigkeit zu essen und die Sonne zu genießen. Auf dem Weg zu meinem Lieblingsbäcker kam ich dann – na erratet ihr es? Richtig, an Klamottenläden vorbei. So hatte ich dann, als ich endlich beim Bäcker mein Sandwich gekauft hatte, bereits zwei neue Tüten in den Händen: eine Hose die zu 70% reduziert war und ein Pulli für 5 statt 35€. In einem der Läden traf ich dann witziger Weise auf Lea, die ihre Gastschwester zum Tanzen gebracht hatte, und nun die freie Zeit ebenfalls zum shoppen nutze. Wir quatschten kurz über dies und das, rechneten die Preise der reduzierten Sachen aus und waren auf Schnäppchenjagd.

Im Tourismusbüro holte ich mir einen Flyer mit den Tanzangeboten in Carpentras, weil ich jetzt endlich mit Jazzdance anfangen will. Mit Hilde machte ich dann noch eine kurze Tour durch die Landschaft, bog mal hier mal da ab und fuhr über ein Dorf in den Bergen, von wo aus man die ganze Provence erblicken konnte. Zu Hause stellte ich kurz meine Tüten ab und machte dann einen langen Spaziergang mit unserem Hund, ohne Jacke übrigens! Es war bei Frühlingstemperaturen (17°C) sonnig wie immer, wir spazierten durch Wein- und Olivenfelder ohne Ziel, bis wir irgendwann an einer Straße ankamen und umdrehten. Dann gab es für den Hund ein Bad im Fluss bei uns im Garten, für mich einen heißen Tee in der Küche. Als Laure abends nach Hause kam klönten wir noch 2 Stunden über Gott und die Welt, Paul und Jeanne kamen zurück und erzählten von ihren Abenteuern im Schnee. Ein Tag wie im Bilderbuch, einfach unglaublich schön!

Und wenn ihr dachte das war‘s schon mit dem Winterschlussverlauf, dann habt ihr euch gewaltig getäuscht, denn das war erst der Anfang! Wir hatten uns nämlich für das Wochenende überlegt, noch einmal nach Nîmes zu fahren, weil wir das letze Mal ja nicht richtig viel davon gesehen hatten. Aurelia, unsere Praktikantin erzählte uns, dass man da auch ganz toll shoppen könne, dann gab es das monatliche Taschengeld von Annick, und das Unglück nahm seinen Lauf. Am Samstagmorgen holte Jana mich wie gewohnt ab, Paul erklärte uns beiden nochmal genauestens den Weg und meinte zum Abschied, dass er schon gespannt sei auf meine Erzählungen über unseren Tag am Meer, wo wir seiner Meinung nach landen würden, bei unserem Orientierungssinn. Aber wir drei fanden ohne Probleme nach Nîmes, sogar ohne die Autobahn benutzen zu müssen. Dort parkten wir dann und zogen ein Parkticket, was zum Winterschlussverkauf zu 40% reduziert war, selbst die Parkhäuser machen da mit, verrückt.
Naja, und dann lief der Res des Tages etwa so ab:

Jana: „Wow guckt mal, alles mindestens 50% reduziert! Da müssen wir rein!!“ - Eine Stunde später sind alle drei beladen mit neuen Tüten, gehen 5 Schritte zum nächsten Laden.
Lea: „Hey, bei dem Laden hier gibt es sogar bis zu 70% Reduzierung, lasst mal kurz reinschauen!“ - Die drei kommen später aus dem Laden raus, jede hat wieder mindesten ein Teil gekauft. Sie werden langsam hungrig und suchen ein Restaurant und kommen auf dem Weg natürlich an vielen weiteren Läden vorbei.
Carolin: „Kommt, in den Laden gehen wir noch schnell bevor wir essen, das dauert bestimmt nicht lange.“

Im Restaurant war der Platz unter unserem Tisch dann schon ziemlich übersät mit unseren Tüten, sodass unsere Füße kaum Platz fanden. Doch wir hatten uns gerade erst warmgeshoppt: Es folgten noch gefühlte 10 Läden, in denen mindestens einer von uns etwas Geld daließ. Irgendwann wurde es dann langsam dunkel und wir fuhren zurück zu Lea, bei der wir drei übernachten wollten. Tja, auf dem Weg nach Carpentras, wo Lea wohnt, kommt man leider an Avignon vorbei. Avignon hat auch Winterschlussverkauf. In Avignon gibt es Läden, in denen wir in Nîmes noch nicht waren. Wir können ja nur kurz gucken, nur ganz kurz. Dann fahren wir gleich wieder. Und so parkten wir Hilde auf dem Gratisparkplatz und machten uns tatsächlich noch auf den Weg in die Innenstadt. Das hätten wir lassen sollen, wirklich. Die Läden hatten zum Glück schon alle zu, aber bei vielen Läden fanden wir die Information, dass sie während des Winterschlussverkaufes auch sonntags geöffnet haben würden. Somit war dann auch das Programm für den nächsten Tag klar. Wir kauften im Supermarkt noch kurz was zu essen für den Abend und machten es uns dann bei Lea gemütlich. Wir schauten „Notting Hill“ auf Französisch und hauten uns dann bald auf Ohr, shoppen macht ja so müde! Gegen 12 Uhr fanden wir uns dann in der Innenstadt von Avignon wieder, im Wahnsinn der Ladenplakate, die sich gegenseitig mit den Reduzierungen überbieten wollten. In einem großen Laden trafen wir dann auf die zwei deutschen Mädchen, die in der Waldorfschule in Sorgues arbeiten, die – wie wir - dem Reiz des Winterschlussverkaufes nicht widerstehen konnten. Wir beschlossen, demnächst mal gemeinsam was zu unternehmen und weiter ging der Kaufrausch. Im nächsten Laden trafen wir dann die dritte deutsche aus Sorgues, der wir dann nochmal bestätigten, dass wir auf jeden Fall was zusammen planen werden. Die Anzahl der Tüten stieg konstant mit der vergangen Zeit, während das Geld im Portemonnaie ziemlich rasch zur Neige ging. Da kamen dann irgendwann Fragen auf wie:

-    „Hatte ich nicht eben noch einen 50€ Schein? Wo ist der hin?!“
-    „Wir waren doch eben bei Zara, hast du dir da nicht das Kleid und die Bluse gekauft?“
-    „Ja schon, aber das waren niemals 50€, irgendwas stimmt da nicht!“
-    „Und in dem einen Schuhladen, da hast du auch was gekauft!“
-    „Achjaaa richtig! Stimmt, so war das. Okay, dann passt das so.“

Ich will nicht zu viel sagen, aber das Taschengeld von Annick war am Sonntag mehr als alle. Schade! Im Kindergarten wurde ich am Montag von Annick auch gleich mit den Worten begrüßt: „Guten Morgen Carolin, na, pleite?“ Anscheinend kennen die das schon, dass die jungen deutschen Mädels beim Winterschlussverkauf etwas übertreiben. Annick machte uns aber auch klar, dass wir jetzt selbst sehen müssen, wie wir klarkommen. Unsere Wochenenden der nächsten 3 Wochen werden dann etwa so aussehen: Spazieren gehen, lesen, malen und … spazieren gehen. Aber dafür haben wir ganz viele neue tolle Kleidung, das war es uns wert.

Unsere Ausbeute...

Ansonsten geht es mir sehr gut, ich hatte eine kleine Aussprache mit meiner Gastfamilie, die vieles geklärt hat. Ich weiß jetzt genau was von mir erwartet wird, und sie wissen was ich von ihnen erwarte, bzw. mir wünsche. Jeanne ist zurzeit ziemlich launisch und zickig, aber das wird auch vorbei gehen.
Kurz noch zum Wetter: Nachts ist es frostig, tagsüber schön warm und ziemlich sonnig.




Somit liebe Grüße an alle und bis bald,
Carolin

Dienstag, 10. Januar 2012

Vom Schietwetter zurück zur Sonne

  Endlich habe ich malwieder etwas Zeit gefunden, um euch vom meinem Leben im wunderschönen Frankreich zu berichten, da meine kleine Gastschwester Jeanne und mein Gastpapa Paul für zwei Tage unterwegs sind. Sie sind Pauls älteste Tochter Marie aus erster Ehe und deren Kinder Gaspard und Zoé besuchen gefahren (Ja richtig, mein Gastvater ist schon ein Opa!). Das heißt, ich bin Gasttante und habe einen Gastneffen und eine Gastnichte, die beide älter sind als meine Gastschwester. Und ich habe eine Halb-Gastschwester die 30 Jahre älter ist als meine kleine Gastschwester. Hm, das sind echt komplizierte Familienkonstellationen hier! Egal, jedenfalls sind beide aus dem Haus, ich habe meinen freien Nachmittag im Kindergarten, meine Putzaufgaben von meiner Gastmama Laure sind erledigt und nun habe ich den Rest des Tages frei. Ich habe eben einen kleinen Spaziergang durch die Umgebung mit unserem Hund Klint gemacht, das hat wirklich gut getan. Die Vögel zwitschern und wenn mich nicht alles täuscht, haben die ersten Bäume schon Knospen. Bei 15°C und Sonne ohne Ende eigentlich kein Wunder…

Seit genau einer Woche bin ich jetzt wieder hier in der schönen Provence, meine 10 Tage Weihnachtsferien habe ich komplett bei meiner lieben Familie in Norddeutschland verbracht. Die Hinfahrt war ziemlich aufregend, da ich eine Nacht in Paris verbracht habe, bei meinem Gastonkel. Es hatte sich nämlich herausgestellt, dass es keinen TGV von Avignon nach Paris gibt, der zeitlich mit meinem Flug um 10:20 Uhr zusammenpasste. Doch Paul hat mich vor einer Nacht auf dem Flughafen gerettet und gleich seinen Schwäger Patrick aus Paris gefragt, ob ich bei ihm für eine Nacht unterkommen könnte. Und so fand ich mich am 22.12. gegen 21 Uhr in Paris am Gare de Lyon wieder, neben einem netten Mann der ein Pappschild mit meinem Namen drauf in der Hand hielt. Er lud mich zum Essen in ein kleines Restaurant mitten in Paris ein, es gab Pizza, Pasta und Rotwein. Die Preise haben mich echt fast umgehauen: ein 0,2l Glas stilles Wasser sollte 4,80€ kosten! Naja, immerhin war das Brot dazu kostenlos. Danach sind wir noch ein wenig durch das nächtliche Paris gebummelt, über die Seine an der Notre Dame und dem Rathaus vorbei, bis wir dann mit der Metro zu seiner Wohnung gefahren sind. Die Wohnung war zwar klein, aber dafür sehr gemütlich, und: aus dem Wohnzimmerfenster konnte man den hell erleuchteten Eiffelturm und die Kirche „Sacré-Cœur“ auf dem Hügel vom Montmartre sehen!
Der Abend war noch sehr nett, wenn auch kurz, denn am nächsten Morgen mussten wir schon um 5 Uhr aufstehen, damit ich pünktlich am Flughafen sein konnte. Patrick fuhr mit mir bis zum Gare du Nord, stellte mich ans richtige Bahngleis, drückte mir eine Metrokarte in die Hand und bläute mir ein, in den nächsten Zug zu steigen, und bis zum Ende durchzufahren und wirklich erst an der letzten Haltestelle auszusteigen. Ay ay, Sir! Ich bedankte mich vielmals bei ihm und schon kam die Metro angerauscht, die mich zum Flughafen brachte. Am Flughafen verlief alles reibungslos, die angekündigten Streiks der Sicherheitsleute konnte ich nicht entdecken, und so landete ich wie geplant gegen Mittag in Hamburg und konnte endlich meine Familie wieder in die Arme schließen.

Es hat wirklich sehr gut getan, meine Liebsten nach langer Zeit wieder zu sehen, mit Freunden etwas zu unternehmen (Svenja, du hast gefehlt!!), in meinem wundervollen Bett zu schlafen  und morgens Toast mit Nutella und Mamas Erdbeermarmelade zu essen! Ich habe die Zeit sehr sehr genossen und versucht so wenig wie möglich an mein Leben in Frankreich zu denken, um wirklich einmal abschalten zu können. Sogar zu Jana und Lea hatte ich gar keinen Kontakt, was wir vorher auch so abgesprochen hatten, um wirklich wenigsten für 10 Tage „Provence-frei“ zu sein. Der Abschied am 2. Januar fiel mir schwerer als gedacht, aber als ich im Flugzeug über den Wolken nach 10 Tagen Dauer-Schmuddelwetter endlich wieder die Sonne erblickte, verflog die Traurigkeit ganz schnell. In der Reihe vor mir saßen zwei kleine französische Kinder, die sich über ihre Weihnachtsgeschenke unterhielten (bzw. stritten welches denn nun das schönste, beste und tollste sei) und ich freute mich dann doch ziemlich auf meine kleinen Mäuse aus dem Kindergarten und meine kleine Jeanne. Als ich dann irgendwann abends zu Hause angekommen war, wurde ich auch ganz herzlich begrüßt und willkommen geheißen. Meine Gastfamilie hat Weihnachten in Bratislava verbracht, wo laut Jeanne der Weihnachtsmann zuerst hingeflogen ist, danach dann zu mir nach Deutschland. Ich musste der kleinen auch gleich versichern, dass ich diesmal länger dableibe, und nicht gleich wieder zurück in „mein Deutschland“ fahre, wie sie immer sagt. Da am nächsten Morgen allerdings gleich der Kindergarten rufen würde, blieb mir kaum Zeit viel zu erzählen, sodass ich nur noch schnell meinen Pyjama aus dem Koffer kramte und ins Bett fiel.

Und am nächsten Morgen erwartete mich das, was ich 10 Tage lang vermisst hatte: Sonnenschein und strahlend blauer Himmel, wunderbar! Im Kindergaten fielen Jana, Lea und ich uns erstmal in die Arme – wir hatten uns mehr vermisst als wir gedacht hätten. Und es gab so viel zu erzählen, dass ich meinen freien Nachmittag im Kindergarten mit den beiden verbrachte und es wurde bei Tee und Keksen ausgiebig gequatscht. Und als irgendwann die Frage nach der Planung für das nächste Wochenende fiel, rief Jana aus Spaß: „Meer!!“ Erst lachten wir über die Idee, doch irgendwie bekamen wir sie nicht mehr aus dem Kopf, und so kam es, dass wir am Samstag tatsächlich ans Mittelmeer fuhren.

Meine Gastfamilie erklärte uns für total bekloppt, da gerade starker Mistral war und der Wind nur so fetzte, und am Meer ist es ja bekanntlich immer windiger als am Land. Doch das ließ uns kalt: Am Samstagmorgen holten Jana und Hilde mich und Lea ab, und los ging die Fahrt in die Camargue, nach St. Maries-de-la-mer. Erst durch Avignon durch, dann durch Arles durch, und schließlich musste man, laut Paul, nur noch den 
Schildern nach St. Maries-de-la-mer folgen. Eigentlich ganz einfach. Eigentlich.
Als wir plötzlich ungeplant auf der Autobahn nach Marseille waren, und Jana auf dem Reiseatlas, den Paul mir in weiser Vorahnung geborgt hatte, nachschaute, rief Jana auf einmal: „Wir fahren total in die falsche Richtung!!“ Also, runter von Autobahn und neu orientieren. Wir befanden uns genau zwischen Arles und dem Mittelmeer, allerdings am rechten Arm der Rhone, und wir wollten eigentlich am linken entlangfahren (Siehe Karte). Wir hatten jetzt zwei Möglichkeiten: entweder wir fahren zurück nach Arles und versuchen nochmal den richtigen Weg zu finden, oder wir fahren jetzt weiter ans Meer.

Wir entschieden uns dann dafür weiter zu fahren, und so waren wir 30 Minuten später in Port St. -Louis-du-Rhone. Wir parkten keine 2 Meter von Strand entfernt und öffneten die Autotüren –die uns fast wegflogen. Es wehte tatsächlich SEHR stark, doch das hielt uns gewiss nicht davon ab, an den Strand zu gehen. Also: Mütze auf, Schal und Handschuhe an und los geht’s. Wir hielten es ganze 15 Minuten am menschenleeren Strand aus, meine Mütze war dreimal mindestens weggeflogen und mit Janas Stirnband sah es nicht anders aus. Wir hatten dennoch ein paar Muscheln gesammelt und die Wellen beobachtet, doch dann reichte es auch.
Schnell zurück zu Hilde und uns etwas aufwärmen. Außerdem hatten wir Hunger, weshalb wir uns dann auf den Weg machten und was zu essen suchten. Allerdings war gerade die Zeit der Siesta, dass heißt, alle Geschäfte und Restaurants waren geschlossen. Wie immer, wenn man gerade sehr hungrig war. Also entschieden wir uns dazu, zurück nach Arles zu fahren und ein McDonald‘s zu suchen (die machen nämlich keine Siesta!). Irgendwie haben wir einen Instinkt dafür, uns zu verfahren oder blöde Wege zu finden. Jedenfalls landeten wir später mit Hilde mitten in den engen Gassen der Altstadt von Arles. Hurra! An jedem Seitenspiegel waren etwa 10cm Platz bis zur Mauer, die Kurven waren so eng, das man rangieren musste. Leider haben Altstädte oft auch noch die Eigenschaft, ziemlich verwirrend und labyrinthisch zu sein. Sprich, wir verbrachten eine halbe Ewigkeit damit, wieder aus den engen Gassen herauszufinden. Die Fußgänger schauten auch immer etwas verwirrt, vermutlich war das alles sogar eine Fußgängerzone. Einmal fuhren wir dann sogar in eine Sackgasse und mussten dann auch noch rückwärts wieder herausfahren. Wir sind wohl auch an irgendwas vorbei geschrabt oder rüber geratscht, jedenfalls wackelt Hildes Auspuff jetzt noch mehr als vorher, und klappern tut sie auch noch doller, die Arme! Zeitweise hatte ich wirklich Angst, wir würden da nie wieder herausfinden und wir müssten die Polizei anrufen damit sie uns rettet, oder am besten noch einen Abschleppdienst weil Hildes Auspuff abgefallen ist.
Aber irgendwie haben wir es doch geschafft dem Irrgarten der Kopfsteinpflaster zu entrinnen und haben dann auch schnell einen McDonald’s gefunden und uns da erstmal von den Strapazen erholt. Gegen 15 Uhr brachen wir dann wieder auf, mit der Mission, diesmal wirklich nach St. Maries-de-la-mer zu fahren. Wir folgten wieder brav den Schildern – und fanden uns plötzlich auf der Autobahn nach Toulouse wieder. Entweder die Schilder sind falsch gewesen - oder das Schicksal wollte nicht, dass wir nach St. Maries-de-la-mer fahren.  Oder wir tratschen und singen einfach zu viel im Auto, sodass wir an einem der zahlreichen Kreisverkehren die falsche Ausfahrt genommen haben. Lustiger Weise bemerkten wir auch erst an der Mautstation, dass wir uns überhaupt auf einer Autobahn befinden, und so musste Lea, die hinten saß, das Fenster runter kurbeln und ein Ticket ziehen, da das Fenster auf der Fahrerseite klemmt. Wir entschieden uns dann dazu, in Nîmes abzufahren und dort ein wenig zu bleiben, wenn wir schon mal da waren. Nîmes war eine einzige Baustelle, überall waren Umleitungen, Sperrungen und gelbe Straßenmarkierungen, sodass der eh schon chaotische französische Verkehr noch unübersichtlicher wurde. Wir parkten Hilde dann schließlich in einer Tiefgarage (bevor wir wieder in irgendwelchen engen Gassen landen) und bummelten ein wenig durch die Straßen. Aber irgendwie waren wir nicht wirklich motiviert, da wir ziemlich genervt davon waren, dass wir nicht da waren wo wir eigentlich hinwollten. Wir blieben dementsprechend auch nicht lange in Nîmes und machten uns bald auf den Weg nach Hause, den wir zu unserer eigenen Überraschung gleich fanden, ohne auf irgendeiner Autobahn zu landen.

Als ich dann abends zu Hause ankam, erwartete mich ein volles Haus: Pauls Söhne Matthias und Simon (ebenfalls aus erster Ehe) waren zu Besuch gekommen. Matthias wohnt in Lyon und studiert irgendwas mit Elektronik und Mechanik und Simon wohnt in Grenoble und ist bald mit seinem Geologiestudium fertig. Es gab Abendessen und danach noch einen Tee und es war ein sehr netter Abend. Ich erzählte von unserem Abenteuer mit dem Autofahren und Paul fragte dann zum Schluss nur: „Wer ist eigentlich gefahren?“ Ich: „Ich, den ganzen Tag über, bis auf die Rückfahrt.“ Er: „Jaja, eine Blondine am Steuer, ein Wunder dass ihr überhaupt irgendwo angekommen seid…“ So viel dazu.
Am Sonntag war Jeannes 3. Geburtstag, der bei der Oma nebenan gefeiert wurde. Die ganze Familie war zum Mittagessen eingeladen, es waren insgesamt 11 Leute: Die Oma, Paul, Laure, Jeanne, Matthias, Simon, Loise (meine Gastschwester die im Internat lebt), Laures Schwester Magali, deren Mann Daniel und die beiden Kinder Julie und Marcel. Gerade als ich auch rüber gehen wollte, kam Paul und sagte mir, dass ich wohl alleine essen müsste, die Oma dachte, dass ich mit Jana und Lea unterwegs sei und hatte mich somit nicht eingeplant. Da war ich schon ziemlich traurig, weil ich mich ziemlich gefreut hatte, alle mal kennen zu lernen und zu sehen, wie man in Frankreich so feiert. Ich machte mir dann Nudeln warm und aß ganz alleine in der Küche, danach ging ich hoch in mein Zimmer und las ein wenig. Irgendwann kam Simon in mein Zimmer und fragte mich, ob ich nicht rüber kommen möchte zum Kuchenessen. Klar wollte ich! Als ich
ankam trug die Oma gerade die Töpfe aus dem Wohnzimmer: Krebse, Fisch, Muscheln! Auf einmal war ich ganz ganz glücklich, dass ich alleine meine Nudeln gegessen hatte! Es gab dann Obstsalat und den „Gâteau de roi“, den Dreikönigskuchen. Den isst man hier um den 6. Januar herum, dem Tag der heiligen drei Könige. In dem Kuchen ist eine kleine Überraschung versteckt, meistens eine kleine Figur, derjenige der die Überraschung in seinem Stück hatte, ist dann der König und bekommt eine Krone auf. Der Kuchen wird in Stücke geschnitten und einer wird bestimmt, der unter den Tisch krabbeln muss und dann sagen muss, für wen welches Kuchenstück ist. Da es Jeannes Geburtstag war, durfte natürlich sie bestimmen wer welches Stück bekommt. Laure hatte dann also ein Stück Kuchen in der Hand hat Jeanne gefragt für wen das den sein solle, als Jeanne total sauer antwortete: „Das ist alles für mich! Heute ist mein Geburtstag und alles ist für mich!!“ Letztendlich hat sie dann doch eingesehen, dass der gesamte Kuchen vielleicht doch zu viel für sie wäre und verteilte die Stücke. Jeanne hatte dann tatsächlich die Überraschung in ihrem Stück (gaaaaanz zufällig natürlich!) und bekam die Krone auf.
Nach dem Kuchen gab es dann den Kaffee, danach gab es Cognac, danach einen Tee und danach auch schon wieder Abendessen bei uns zu Hause. Der Nachmittag war vor allem laut: Es wurde diskutiert, gelacht, Witze über Belgier gemacht und über deutsche Autofahrer gelästert, die angeblich fahren wie die bekloppten. (Da habe ich mir meinen Teil gedacht und den Mund gehalten.) Daniel konnte ich beim besten Willen nicht verstehen, der spricht mit so einem krassen provenzalischen Akzent und dazu dann noch in doppelter Geschwindigkeit, dass Matthias, der neben mir saß, den Übersetzter spielen musste. Für Jeanne war es ein ganz aufregender Tag, mit vielen Geschenken, viel Aufmerksamkeit und viel Lärm. Ich habe ihr ein Stickerheft geschenkt, wo man Figuren aus Obst kleben kann, worüber sie sich nicht so richtig gefreut hat, aber Laure meinte, dass sie sowas eigentlich total gerne mag. Aber die anderen Geschenke waren auch eindeutig besser: sie hat nämlich noch ein Prinzessin-Kostüm bekommen, 2 Spiele, Badekugeln, 2 Puppen, Fingerfarbe und einen Picknickkorb. Im Kindergarten wurde dann gestern nochmal ihr Geburtstag gefeiert, mit Kuchen und 3 Kerzen. Tja, und gerade feiert sie ihren Geburtstag in den Bergen bei ihrer großen Halbschwester und ihrer Nichte Zoé und ihrem Neffen Gaspard die beide älter sind als sie.

Morgen werde ich wohl alleine nach Carpentras fahren und bei Leclerc ein paar Einkäufe tätigen, vielleicht fahre ich auch noch mit Hilde ein wenig durch die Gegend, mal sehen.
Für unseren nächsten Wochenendausflug hat Paul mir geraten auf jeden Fall die Bahn zu nehmen, die verfährt sich eher selten, meinte er.  Alles klar, danke für den Tipp!

So, ich werde mir und Laure jetzt mal was zum Abendessen kochen, danach werde ich in die Badewanne gehen und morgen ausschlafen! Ich liebe den freien Mittwoch!!

Ich schicke euch sonnige Grüße aus dem Süden,


 Carolin

Hier noch ein paar Bilder von meinem Zuhause:

Die Einfahrt
Links ist unser Haus, rechts wohnt die Oma
Und Toupi, unsere Katze