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Samstag, 16. Juni 2012

Bonjour l'été!


Station 6: Tagesausflug in ein anderes Land

Das "Alte Monaco"
12. Mai, der letzte Tag, an dem unser Interrailticket noch gültig ist. Um das voll und ganz auszunutzen, stand ich um 4 Uhr morgens auf, brauste mit Hilde durch die Nacht und holte Jana ab, zusammen (Lea hatte immer noch Besuch von ihren Verwandten, weswegen sie nicht mitkam) fanden wir uns an unserem Lieblingsort wieder: der Bahnhof von Avignon. Und wohin ging diesmal die Reise? Erst einmal nach Marseille, von dort aus ging es weiter Richtung Côte d’Azur. Jana stieg in Cannes aus, doch ich blieb sitzen. In Nizza musste ich noch einmal umsteigen, und dann kam ich um 9Uhr in Monte-Carlo an. Ganz genau, ich bin bis nach Monaco gefahren! Ich kam aus dem Bahnhof raus und lief als erstes fast gegen eine riesige schwarze Stellwand. Motorlärm. Abgase. Ferrari Flaggen. Das kann doch nicht wahr sein, dachte ich mir, da fahre ich ein Mal in meinem Leben nach Monaco, und dann ist ausgerechnet jetzt die Formel 1?! Aber nein, ich erkundigte mich bei einem netten Türsteher und der sagte, dass sei ein Historischer Grand Prix, nicht die Formel 1, die sei nächstes Wochenende.  („Wollen Sie denn einen Eintrittspass kaufen?“ „Wie teuer ist der denn?“ „Geht ab 200€ los.“ „Ähm, nein. Ich glaube ich höre mir das Spektakel nur an, danke.“ ) Ich irrte also erst ein wenig hilflos durch die Straßen, immer wieder stieß ich auf die schwarzen Mauern und verirrte mich. Ich entschied mich, einfach in einen Bus zu steigen und so einen kleinen Überblick über Monaco zu gewinnen. Monaco ist ein komisches Land. An jeder Ecke steht ein Schild, „Achtung, sie verlassen das Land!“ entweder mit der französischen oder italienischen Flagge im Hintergrund. Außerdem war alles so bergig! Wie der Busfahrer da an den Ampeln anfahren konnte, ich weiß es nicht. Ich stieg jedenfalls dann an der Endhaltestelle aus, im „Alten Monaco“, wie es hieß. Dort spazierte ich durch die engen Gässchen, und an jeder Ecke fand man Ferrari-Mützen, T-Shirts und Aufkleber – alles natürlich unverschämt teuer. Ich warf einen Blick auf das bescheidene Häuschen von Charlène und Albert und besichtigte eine Kathedrale. 
Für 2€ fand ich an einer Ecke ein Milchbrötchen mit Tomate, dann ging ich zurück zur Bushaltestelle, und fuhr diesmal ans andere Ende, zum exotischen Garten. Ich befand mich nun hoch oben, einen wahnsinnigen Ausblick hatte ich von hier auf ganz Monaco.  Der Eintrittspreis für den Garten war mir allerdings zu teuer, weshalb ich wieder nach unten fuhr. Diesmal steig ich in Monte-Carlo aus, begab mich in ein Tourismusbüro und bat um eine Karte. Und endlich: der Durchblick! Leider konnte ich mir nicht dass Casino anschauen, weil nach wie vor viel mit den schwarzen Wänden abgesperrt war. Aber ich schlenderte durch die Shoppingpassagen, ein bisschen Chanel, Hugo Boss, Bulgari, Calvin Klein und andere teure Läden bestaunen. Vor einem großen Hotel (was bestimmt mindestens 5 Sterne hatte) stand eine riesige Limousine, dahinter ein Ferrari. Okay, genug bourgeoise Luft geschnuppert, auf zum Strand! 
Mit dem Aufzug ging es „eine Etage runter“, denn Monaco ist so steil, dass man mit dem Aufzug zum Meer fahren muss. Dort fand ich dann den etwa 50m² großen Strand für die normal-sterblichen, der Rest war alles Privatstrand. Bikini an, Handtuch hingelegt und rein in die Wellen! Okay, ganz so schön war es dann doch nicht, in mitten von irgendwelchen Yachten, mit dem Blick auf Hotelgebäuden zu schwimmen, aber immerhin, es war das Mittelmeer! Und es war gar nicht mal so kalt! Am Strand ruhte ich mich dann noch etwas aus, las ein Buch und schlief. Und dann war auch schon wieder Zeit des Aufbruchs, auf dem Weg zum Bahnhof brausten die auf Hochglanz polierten Cabrios an mir vorbei, weit und breit sah ich kein Auto, was annähernd für normale Menschen bezahlbar wäre. Ich stellte mir vor, wie es wäre, wenn ich mit Hilde hier rum düsen würde – die Leute würden mich für bekloppt halten. Monaco ist irgendwie eine andere Welt, man fährt 4 Stunden mit dem Zug und fühlt sich wie in einer Boulevard-Sendung. Ich war auch gar nicht so traurig, als ich am Bahnhof stand und auf meinen Zug nach Nizza fuhr. Es war ein schönes Erlebnis, aber nach Monaco muss ich nicht noch einmal! Es ging also die gleiche Strecke wieder zurück, von Monte-Carlo nach Nizza, von Nizza nach Marseille und von Marseille dann schließlich nach Avignon. In Marseille hatte ich eine Stunde Aufenthalt, ich kaufte mir in einem Bäcker ein Stück Pizza (es wurde mir nicht geklaut!!), setzte mich auf die „Große Treppe von Marseille“ (die Eingangstreppe vom Bahnhof, von der man fast ganz Marseille erblicken kann) und las im Sonnenuntergang ein Buch. Als ich dann schließlich in Avignon ankam war es schon 22 Uhr, und der Mistral hatte sich bemerkbar gemacht. Schnell lief ich quer durch die Stadt zum Parkplatz, und war froh als ich im warmen Auto saß. (Jana war noch nach Arles gefahren, dort hatte sie sich mit ihrer Gastfamilie getroffen, mit der sie nach Hause gefahren war, weswegen ich also das Auto alleine hatte.) Durch die Nacht fuhren Hilde und ich nach Hause, als ich dann endlich im Bett war, war es auch schon fast Mitternacht. Was für ein Tag! Obwohl ich mich anfangs doch etwas alleine gefühlt habe, hatte ich die Einsamkeit dann doch sehr genossen. Ich bin hier immer von Menschen umgeben, selbst am Wochenende bin ich immer mir Jana oder Lea oder beiden unterwegs. Der Ausflug alleine hat mir sehr gut getan, ein bisschen Zeit für einen selbst tut dann doch mal ganz gut. 

Am nächsten morgen hatte ich mir vorgenommen auszuschlafen, was ich dann auch tat. Paul, Laure und Jeanne waren mit ihrem grünen Bus in die Natur gefahren um ein Wochenende (genau wie ich) mal alleine unter sich zu sein. Ich war also alleine, um 12 Uhr wachte ich auf, machte laut Musik an und tanzte durchs Haus. Dann fuhr ich im Schlafanzug zum Bäcker und kaufte Baguette, im Supermarkt holte ich noch Käse und Oliventapenade, ich hatte mich nämlich mit Lea zum Picknick am See verabredet. Ich „spätstückte“, hing draußen meine gewaschene Wäsche auf und fuhr los nach Carpentras, wo Lea auf mich wartete. Zusammen ging es dann nach Mormoiron, wo ein bisschen versteckt ein kleiner Badesee liegt. Da wir und in letzter Zeit nicht viel gesehen haben, war es schön einen entspannten Nachmittag zu verbringen, wir lagen am Strand, aßen Baguette mit Käse und quatschten, quatschten, quatschten. Gebadet wurde auch noch, mit viel Gekreische, weil das Wasser doch etwas kalt war. Dann schwammen wir im Sonnenschein, mit dem Blick auf den Mont Ventoux und die Weinfelder, und waren einfach nur glücklich. Das war so schön, so kitschig, das wir beide weinen und gleichzeitig lachen mussten. Unsere Zeit zusammen hier, in der wunderschönen Provence, ist gezählt, sie rennt und rennt, und bald wird es solche Augenblicke nicht mehr geben. (Familienurlaub in 20 Jahren in der Provence ist aber schon in Planung!)

Station 7: „Le plus joli bout du monde“ 

Und drei Tage später, am Mittwoch, ging es für Jana und mich schon wieder los. Es war Himmelfahrt, Donnerstag und Freitag waren frei – Reisezeit! Lea konnte leider schon wieder nicht mit uns kommen, und so machten Jana und ich uns – malwieder – auf in die Welt. Und diesmal ging es ans Meer, zu den Calanques* in Cassis. Paul ist in Marseille aufgewachsen, seine Sommer hat er in den Calanques verbracht, er kennt die Ecke wie seine Westentasche, hat er mir erzählt, als ich ihm unsere Pläne verraten hatte. Er ist gleich hoch in sein Büro gestiegen, und kam mit 4 Büchern und 3 Karten wieder runter. Den ganzen Abend lang gab er mir Tipps, zeichnete in den Karten die schönsten Calanques ein, die wir unbedingt sehen müssen, wo man sein Auto am besten stehen lässt, wo der günstigste Supermarkt zum Wasser kaufen ist, an welche Calanque man besser nicht gehen sollte, weil sie zu steil sind und so weiter. Er schrieb mir sogar detailliert den Weg von Carpentras nach Cassis stichpunktartig auf, desmal würden wir nämlich mit dem Auto fahren: „Beim Kreisel mit dem Obelisken drauf nach rechts, am gelben Haus mit den Blauen Türen links, vorbei an der David-Statue...“ und so weiter. Ein echter Experte, durch und durch. Gut Vorbereitet bepackten wir das Auto: Schlafsack, Isomatte und Zelt, leichte Klamotten, Wanderschuhe, viel Wasser und ein bisschen Reiseproviant – es kann los gehen! Wir gingen es gemütlich an und starteten am späten Nachmittag. Schlechter Einfall, kaum auf der Autobahn landeten wir im Stau, Feierabendverkehr, natürlich. Bis Marseille ging es noch einigermaßen, doch dann ging bald nichts mehr. Jana hatte Pauls Karten und Stichpunktzettel in der Hand, ich versuchte mich durch das Chaos zu quälen. Und dann passierte was passieren musste: wir verfuhren uns, und landeten in Marseilles Innenstadt. Wieso immer wir?! Zum Glück fanden wir recht schnell wieder die Autobahn, jetzt fuhren wir zwar einen anderen Weg als den, den Paul vorgeschlagen hatte, aber egal, Hauptsache raus aus Marseille! Gegen 21 Uhr kamen wir dann in Cassis an, und hatten keine Ahnung wo wir schlafen würden, bzw. parken. Denn eins war sicher: unser Bett ist Hilde für die nächsten Nächte! Wir fanden schließlich etwas abseits an einem Hafen einen Parkplatz, wo schon andere Camper waren, und richteten uns Hilde gemütlich ein. Die Hintersitze wurden umgeklappt, und so konnten wir bequem im Kofferraum schlafen. Zum Abendbrot gab es - na, wer errät‘s? – richtig, Baguette mit Käse. Ganz stilecht an einer Klippe am Mittelmeer, mit Blick auf das nächtliche Cassis. 
Guten Morgen Hilde
Dann ging es ab ins „Bett“, die anfängliche Euphorie im Auto zu schlafen verflog bald, denn so bequem war es dann doch nicht. Die 1cm dicke Isomatte brachte nicht viel, überall waren Ecken und Kannten, und wir hatten an einem kleinen Hang geparkt, sodass wir immer nach hinten rutschten. Aber gut, wir haben es überlebt. Am nächsten morgen gab es Kirschen zum Frühstück, danach zogen wir unsere Wanderstiefel an, packten die Wanderkarte und viel Wasser ein und wir brachen auf. 5 Stunden lang ging es über steinige Wege bergauf und bergab an der Klippe entlang, mit einer der schönsten (wenn nicht DIE schönste)Aussicht die ich je erlebt hatte. Felsschluchten, türkises Wasser, hier und da eine Pinie. Ab und zu setzten wir uns kurz auf die Felsen am Rande der Klippen, und mussten kurz die Schönheit verarbeiten. Auf halber Strecke gab es Mittagessen (Baguette mit Käse und Kirschen) und wir machten am Abgrund ein kleines Nickerchen. 
Auf dem Rückweg überlegten wir an der Calanques Port-Pin baden zu gehen, als wir dann die Wassertemperatur testeten, überlegten wir es uns dann doch schnell anders: eiskalt! Als wir zurück an unserem Parkplatz ankamen, waren wir wirklich ziemlich fertig, so dass wir uns gemütlich ins Auto legten, lasen, Musik hörten und uns unterhielten. Wir fuhren nach Cassis, am Hafen aßen wir zum Abendbrot eine Pizza, als Belohnung so zu sagen. Als wir zurück zu unserem Übernachtungsparkplatz fuhren, passierte es: auf einmal klang Hilde um einiges lauter als vorher. Da sie aber schon immer recht laut unterwegs war und wir die Fenster offen hatten, machten wir uns nicht allzu viele Sorgen, und fuhren weiter.

Als wir dann geparkt haben, dachten wir uns, dass wir zur Sicherheit ja mal unter das Auto gucken könnten. Und was wir da sahen, jagte uns einen großen Schrecken ein: Der Auspuff hing schräg runter, er war zwar noch in seiner Halterung, aber hinten nicht mehr am Auto befestigt, er war also komplett lose, konnte jederzeit ganz abfallen und die Abgase kamen jetzt in der Mitte raus. Es fing an zu Gewittern, dann zu regnen, und wir verkrochen uns ins Auto, ratlos, hilflos und ängstlich. Am nächsten Morgen rief ich meinen Papa an, mal schauen was er dazu sagt. Auf seinen Rat hin sind wir dann in eine Werkstatt gefahren, um mal aus professioneller Hand die Lage erklärt zu bekommen. Fazit: der Auspuff kann nicht abfallen, muss aber unbedingt repariert bzw. erneuert werden, könnte länger dauern, also erstmal nach Hause fahren. Kosten: um die 1000€. Schluck. Das gab uns einen kleinen Dämpfer, aber immerhin konnten wir noch mit Hilde fahren. Es regnete immer noch, aber wir wollten dennoch ein bisschen Cassis anschauen. Es war gerade Markt, und so schlenderten wir an den Ständen vorbei, ich kaufte mir ein Kleid, und als dann die Sonne raus kam aßen wir ein überteuertes Cassis-Eis. 
Ein nettes Dorf, ein kleiner Hafen mit schicker Promenade, süßen kleinen Läden und einer Menge Touristen. Am Abend stand ein nächster Programmpunkt an, den Paul uns vorgeschlagen hatte: den Sonnenuntergang auf der „Route des Crêtes“ anschauen. Diese Straße verbindet Cassis mit dem Nachbarort La Ciutat, direkt am Meer entlang passiert man dabei die höchste Klippe Frankreichs. Unsere arme Hilde musste ganz schön schnaufen, es ging teilweise mit 30% Steigung bergauf um enge Kurven, ihr zu liebe machten wir alle 5 Minuten eine kurze Pause, Aussichtspunkte gab es zum Glück viele. Und dann haben wir ihn erreicht: den Cap Canaille. Da es etwas kühler geworden war, zogen wir uns dicke Pullis über, nahmen Wein und Baguette mit Käse mit und kletterten einen schmalen Weg den Hügel hinauf. 
Auf einem kleinen Vorsprung ließen wir uns nieder, neben uns ging es knapp 400m in die Tiefe. Doch das eigentliche Schauspiel lag direkt vor uns: der Sonnenuntergang! Wir schauten Richtung Westen, Richtung Marseille, die Calanques im Vordergrund. Es war ganz still dort oben, die anderen Leute hielten unten nur kurz an und machten Fotos, niemand blieb für länger. Wir haben bestimmt eine Stunde dort oben verbracht, eingemummt und ruhig, haben dem Meer gelauscht und der Sonne beim untergehen zu geschaut. Merveilleuse! Als die Sonne sich hinter dem Berg verkrochen hatte, wagten wir den Abstieg. Hilde stand nach wie vor auf dem Aussichtspunkt direkt an der Klippe. Wir überlegten noch wo anders hin zu fahren, hier waren wir nicht gerade sehr geschützt, und es kamen immer noch Autos vorbei mit Leuten die ausstiegen. Letztendlich entschieden wir uns dagegen, zogen stattdessen unsere Schlafanzüge an und schlüpften in die Schlafsäcke. Der nächste Morgen begann wunderbar: mit einem Blick aufs offene Meer und einer Handvoll Kirschen. Langsam machten wir uns aufbruchfertig, dann ließ Hilde ihren Motor aufheulen und wir fuhren weiter. Wir beschlossen, uns auf den Weg nach Hause zu machen, ganz gemütlich, ohne Stress. Wir wählten diesmal die Autobahn Richtung Aix-en-Provence, wo wir dann abfuhren und über Land uns den Weg nach Avignon schlugen. Als ich zu Hause ankam, war es schon 15 Uhr, ich schmiss meinen Rucksack in mein Zimmer, duschte kurz und ging dann über die Straße zum Campingplatz, wo sich alle zum Kirschkuchenessen versammelt hatten, Simon (Pauls ältester Sohn) war auch da. Dann war es an mir zu erzählen, es wurde kurz wieder auf der Blondine rumgehakt den detailliertesten Plänen nicht folgen kann, doch Paul war sehr glücklich, wie gut es uns dort gefallen hat. Laure gefiel besonders der Sache mit dem Camping und meinte „Ich glaube wir haben auf dir abgefärbt, was das betrifft…“
Paul hat nicht umsonst am Anfang gesagt, dass die Calanques für ihn „der schönste Fleck der Welt“ ist, ich muss ihm da zustimmen. Natürlich habe ich nur ein paar Flecken der Welt bisher gesehen, aber das war wirklich unbeschreiblich schön. Kann ich jedem nur empfehlen! 

  *: Eine Calanque ist ein enger, steilwandiger Küsteneinschnitt im Kalkgestein des Mittelmeeres. Eine solche Bucht hat einen fjordartigen Charakter. Besonders reizvoll ist das Massif des Calanques entlang der Küste des Département Bouches-du-Rhône in Südfrankreich auf 20 km Länge zwischen Marseille und Cassis. Die Calanques sind ein besonderes Ökosystem. Es gibt dort fast keinen Boden, die Pflanzen sind in den Felsspalten und Rissen im Gestein verankert. Das Klima ist trocken, und die vorhandene Feuchtigkeit stammt im Wesentlichen aus der Verdunstung des Meerwassers und dem salzhaltigen Gischt der Brandung, was eine einzigartige Flora und Fauna zur Folge hat. Die Calanques zwischen Marseille und Cassis wurden Mitte 2011 zum Naturschutzgebiet erklärt. (Quelle: Wikipedia)


Besuch!

Am Sonntagmorgen musste ich schonwieder meine Sachen packen, denn es ging für eine Woche zu meinen Großeltern, die gekommen waren um mich zu besuchen. Mit ihnen verbrachte ich vor allem eine entspannte Zeit, ich konnte von der Arbeit nach Hause kommen und mich direkt auf Sofa legen, ohne vorher Verstecken, Ticken oder mit Bauklötzen spielen zu müssen. Und dann war auch schon der 22. Mai, mein Geburtstag. Es gab einen kleinen Geburtstagstisch von meinen Großeltern mit kleinen Päckchen und Kärtchen (ganz vielen Dank nochmal an dieser Stelle!!) und wir aßen die traditionelle Geburtstags-Erdbeertorte zum Frühstück. Im Kindergarten wurde ich mit Gesang der Kinder begrüßt, Jana und Lea hatten in der Küche ebenfalls eine kleine Geburtstagsecke vorbereitet, mit Musik und kleinen Geschenken. Die Kinder backten mit Torten aus Sand mit Ästen als Kerzen und sangen immer wieder das Geburtstagslied. Jeanne richtete mir Küsschen von der Familie aus, und Laure rief im Laufe des Tages an und gratulierte mir, später bekam ich ein schönes Paar Ohrringe von ihr. Die Heimat rief an, und abends luden mich meine Großeltern dann nett zum Essen in einem kleinen Restaurant ein, was mir empfohlen worden war. Am Freitag hatte dann die liebe Lea Geburtstag, und da bekamen wir zusammen von unserem Koch eine riiiiiiiesige Kirsch-Erdbeer-Schokotorte mit 19 Kerzen drauf, die wir in der Mittagspause (ohne die Kinder natürlich, haha!) alle zusammen genüsslich verspeisten. Mir wurde ein kleines Heft mit selbstgemalten Bildern von meinen Kleinen und eine Karte von der Equipe überreicht – sehr sehr lieb! So lässt sich der Geburtstag in der Ferne doch aushalten! 


Mit Oma und Opa machte ich am freien Mittwoch einen Abstecher in die Camargue, was sehr schön war. Das Wetter war am Anfang der Woche nicht so schön, doch am Mittwoch war es warm mit viel Sonnenschein. Wir besichtigten ein kleines nettes Dörfchen, wir bummelten durch die Gassen, spazierten auf der Stadtmauer, und leißen uns dann draußen in einem kleinen Restaurant nieder. Opa aß Rochen, Oma Austern und ich Hühnchen – alle waren glücklich. Wir wollten weiter nach Saintes – Maries de la mer, und ich spielte den Navigator, oweiowei. Mit einer Fähre mussten wir einen Fluss überqueren, und dann hatten wir es tatsächlich gefunden, ich habe meinen Ruf wieder gut gemacht! Wir spazierten ein bisschen am Meer und mischten uns unter das Zigeunervolk, was zum Pfingstfest angereist war.
Am Freitagabend waren wir bei meiner Gastfamilie zu einem kleinen Aperitif eingeladen, wir saßen draußen auf dem Campingplatz und naschten ein paar Kleinigkeiten.  Die Situation war wegen der Sprachbarriere etwas schwierig, aber nett war es trotzdem. Am nächsten Morgen war Abreisetag für meine Großeltern, und ich zog zurück zu meiner kleinen Jeanne. Lange blieb ich da allerdings nicht, denn schon am Nachmittag wurde es spannend und aufregend.




Denn da lud Aurélia, unsere Freundin aus dem Kindergarten, uns ein, mit ihr nach Nîmes zur Féria zu gehen. Sie holte Lea und mich mit ihrem Camion, ihrem kleinen Bus mit dem sie ihr Gemüse ausliefert, ab. Die Féria ist ein ursprünglich spanisches Straßenfest mit Stierkampf, Paella und Musik und Tanz, Fahrgeschäften und vielen verrückten Menschen.Wir schlenderten durch die belebten Straßen, aßen Steak vom Stier, Paella (ich probierte sogar eine Muschel!!)  und gönnten uns ein bisschen Sangria. Ein Open-Air-Konzert gab es dann an der berühmten Arena und in den Straßen herum wurden die Stiere von Menschen und Pferden gehetzt. Den armen Stier konnten wir aber kaum sehen, da sich so viele Menschenmassen herum schubsten. Die Nacht zog sich hin, wir streiften durch die Straßen und genossen dieses bunte Treiben.
Wir übernachteten später in Aurélias Camion. Sie hatte eine große Matratze und Schlafsäcke für uns 3 bereitgelegt und so verbrachten wir die wenigen Stunden Schlaf auf einem Parkplatz in Nimes.
Relativ früh wurden wir wieder wach, die Party schien auch am Morgen noch weiter zu gehen, und fuhren mit dem Auto weiter nach Süden bis ans Mittelmeer in La Grande Motte in der Camargue. Unterwegs putzen wir uns die Zähne auf einer Autobahnraststätte und zogen uns die Badesachen an.
Wir machten es uns am Strand gemütlich, aßen Brioche und Schokolade zum Frühstück,  badeten und sonnten uns, spielten Karten, erzählten und machten ein kleines Nickerchen. Ein Sonntag, wie er im Buche steht. Wie gut das tat, das Nichtstun!
Zu Hause war wieder volles Haus, denn Pauls Söhne Simon und Matthias waren gekommen, um auf dem Campingplatz mitzuhelfen. Es mussten Bäume beschnitten, Gras gemäht und die Sanitäranalgen auf Vordermann gebracht werden. Matthias fuhr am Abend wieder, Simon blieb noch eine ganze Woche bei uns wohnen. 

Am nächsten Wochenende wurde es wieder sehr heiß, eigentlich super Wetter um ans Meer zu fahren! Doch da gab es ein kleines Problem: Hilde! Nachdem wir bestimmt 4x die Leute im Kindergarten darauf angesprochen haben, dass Hilde vielleicht mal in die Werkstatt müsste und wir nach wie vor lauter als jeder Traktor unterwegs waren, wurde beschlossen, dass wir das Wochenende das Auto im Kindergarten stehen lassen sollten, es würde sich jemand drum kümmern. Und ohne unsere liebe Hilde sind wir ziemlich aufgeschmissen, von Mazan aus fahren nicht einmal Busse nach Carpentras. Doch Paul wollte eh nach Carpentras zum Einkaufen, deshalb nahm er mich kurzerhand mit, ließ mich bei Lea raus und nahm uns beide auf dem Rückweg wieder mit und setzte uns beim See in Mormoiron ab. Dort war ein großes Fest – haha, die Franzosen lieben Feste!- überall waren kleine Stände, Musik und vor allem ganz ganz viel Essen! Wir bestellten einen Gourmande-Teller mit Tarte, Tapenade und Ziegenkäse und ließen es uns gut gehen. Bei den 32°C hielten wir es aber nicht mehr aus – schnell Badesachen angezogen und rein ins Wasser! So verbrachten wir den Samstag wie wir es am liebsten tun: am Strand, essend, schlafend, lesend und badend!

Per Anhalter fuhren wir wieder zu mir, nach einem schönen Abendessen auf dem Campingplatz schlief Lea bei mir. 

Am nächsten Morgen standen wir früh auf, denn zusammen mit Paul, Laure und Jeanne fuhren wir nach Marseille! Sie wollten die Großeltern dort besuchen, und da wir kein Auto haben, hatte Paul uns angeboten mit ihnen zu fahren. So machten Lea und ich uns einen schönen Sonntag in Marseille, mit lecker Essen am Hafen, Bootstour und Besichtigung der Notre Dame. An der großen Kirche hoch oben über Marseille trafen wir auf ein älteres Ehepaar, die uns mit sehr norddeutschem Akzent fragten, wo wir herkommen. Es stellte sich heraus, dass die beiden aus Harsefeld kamen, quasi ein Dorf neben meinem Heimatort! Die Welt ist klein…
Am Nachmittag fuhren wir dann mit Simon zurück nach Hause, der war zufällig auch in Marseille unterwegs.
Und nach diesem Sonntag fing die Schlechtwetter-Periode an: nur Regen, Gewitter und 20°C! Deprimierend! 

Jetzt ist das Wetter zum Glück wieder schön, am Wochenende waren 36°C angesagt, Jana und ich fuhren am Samstag mit dem Bus von Carpentras nac Aix-en-Provence, wo ebenfalls zwei Freiwillige in einer Waldorfschule sind. Mit Nicola und Judith fuhren wir an einen Fluss, in dem wir uns erst einmal ankühlten. Abends ging es in die Innenstadt, dort trafen wir auch Freunde der beiden: ein Mexikaner, ein Columbier, eine Argentinierin, ein Ukrainer, ein Russe - und eine Münchnerin. Zusammen nahmen wir am Nachtleben teil, setzten uns ein eine Bar, unterhielten uns und hatten einen schönen Abend - OHNE JACKE. Wir gingen allerdings nicht zu spät ins Bett, dann für den Sonntag hatten wir uns ein schönes Ziel ausgesucht: 
St. Tropez! Um 8 Uhr am Morgen war Abfahrt, über Landstraßen fuhren wir runter ans Meer. Gegen 11 waren wir dann endlich angekommen, und wurden von der Hitze fast erschlagen. Eins war klar: Wir müssen baden! Die Jungs vom Vorabend waren auch gekommen, und so waren wir eine lustige, sehr internationale Truppe. Wir machten es uns am Strand gemütlich, badeten, die Jungs spielten Gitarre und wir aßen Honigmelonen. Anschließend schlenderten wir noch durch die Stadt. St. Tropez ist wirklich sehr schön, sehr gepflegt und irgendwie niedlich. Natürlich ist auch hier der Reichtum nicht von der Hand zu weisen, die Leute ein Auto größer als das andere, die Yachten im Hafen überbieten sich auch in Länge und Höhe, die kleinen Boutiquen haben alles andere als kleine Preise (wir haben sogar eine Karl Lagerfeld Boutique gefunden!) Am Nachmittag verabschiedeten wir uns, Jana und ich mussten schließlich noch bis nach Avignon kommen.Auf der Rückfahrt trödelten wir allerdings ein bisschen, sodass Jana und ich unseren Bus verpassten. Dann machten wir, was wir eh am besten konnten: auf den einen Zug warten. Unser Alternativprogramm war nämlich ein Zug über Marseille, der allerdings auch Verspätung hatte, so dass wir auch den Anschlusszug verpassten. Letztendlich war ich um halb 12 bei mir zu Hause. Der nächste Tag bei der Arbeit war dann auch dementsprechend ermüdend...


Gestern, am Donnerstagabend, war in ganz Frankreich die Fête de la musique. Die Gelegenheit ließen wir uns natürlich nicht nehmen, und erst hörten wir meinem Gastpapa an der Gitarre hier in Mazan zu, dann fuhren wir weiter nach Avignon. Eine sehr schöne Atmosphäre, von überall hört man verschiedentste Musikrichtungen, erst hörten wir einem Bluesensemble in einem netten Café zu, dann ging es weiter zum Papstpalast wo eine riseige Party mit Bühne und Lichtshow war. In den kleinen Gässchen gab es dann etwas Reagge, Rock oder manchmal auch nur ein einsamer Geiger. Ein Abend der ganz der musik gewidmet ist, allen Musikrichtungen die man sich so vorstellen mag! (Sogar eine Heavy Metal Band haben wir gesehen!) Leider kamen wir auch gestern erst spät ins Bett, um zwei Uhr Morgens ging das Licht aus, und um 9 Uhr standen wir schonwieder starktklar im Kindergarten. Dieses Wochenende wird aber etwas kürzer getreten!


Wir haben echt ein schlechtes Leben, jedes Wochenende die quälende Frage: WO fahren wir diesmal ans Meer? Marseille? Calanques? Côte d’Azur? St. Tropez, Cannes, Nizza?? Oder wollen wir doch lieber im Schatten der Olivenbäume uns ausruhen? Die Qual der Wahl.


Also, ich schicke euch Sonne und Wärme!
Carolin

P.S: Ich kann jetzt übrigens einparken!


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